Prof. Dr. K.-W. Hansmann

Managerprämien - Wehret den erneuten Anfängen

14.08.2009

Eine neue Welle der Empörung über Erfolgsprämien an Manager, deren Unternehmen in 2008 riesige Verluste gemacht haben, breitet sich gerade in Europa und in den USA aus. Es scheint, dass die Akteure der Finanzkrise aus ihrer negativen Erfahrung nichts gelernt haben.

Der New Yorker Generalstaatsanwalt Andrew Cuomo hat akribisch ermittelt, dass die neun großen US-Banken 2008 fast 100 Mrd. $ Verlust eingefahren haben, dafür 175 Mrd. $ vom Staat, also dem Steuerzahler, erhielten und zugleich 32 Mrd. $ Prämien an ihre Mitarbeiter ausgeschüttet haben. So hat z.B. die von der Bank of America übernommene ehemalige Investmentbank Merrill Lynch trotz ihres enormen Verlustes von 27 Mrd. $ im Jahr 2008 fast 1 Mrd. $ Prämien an etwa 700 Mitarbeiter bezahlt und die Citigroup, die vom Staat 45 Mrd. $ Hilfe bekam, schüttete ebenfalls 1 Mrd. $ Prämien aus.

Auch in Deutschland sind die Boni bei den Banken wieder auf dem Vormarsch. Da die Bezeichnung Bonus aber inzwischen einen schlechten Ruf hat, heißen solche Zahlungen jetzt elegant verbrämt Stabilisierungszahlungen, leistungsbezogene Vergütungen oder Halteprämien. Nach Informationen der Financial Times Deutschland hat die Commerzbank trotz eines Verlustes von 763 Mio. Euro im zweiten Quartal 2009 ihren Investmentbankern Prämien in unbekannter Höhe für 2009 zugesagt. Die HSH Nordbank zahlt etwa 600 Mitarbeitern, die an die Bank gebunden werden sollen, Halteprämien bis zu 120.000 Euro. Hinzu kommt noch die Halteprämie von 2,9 Mio. Euro für Vorstandschef Nonnenmacher.

Es ist klar, dass diesen Zahlungen rechtswirksame Verträge zugrunde liegen, sie also juristisch in Ordnung sind, aber dennoch kommt darin ein erschreckendes Maß an Instinktlosigkeit zum Ausdruck.

Man muss leider feststellen, dass in den westlichen Staaten die Politik versagt hat und nicht in der Lage ist, die Prämienzahlungen an Banker einzudämmen. Zwar ist in Deutschland das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung (VorstAG) vor kurzem in Kraft getreten und hat auch wichtige Punkte geregelt. Doch gilt es nur für Vorstände und läuft deshalb weitgehend leer, da es die Boni für Mitarbeiter unterhalb der Vorstandsebene nicht begrenzt.

Ein Lichtblick sind die am Freitag von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) veröffentlichten Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk). Sie sehen nun vor, dass die Vergütungssysteme keine „schädlichen Anreize“ zur Eingehung unverhältnismäßig hoher Risikopositionen aufweisen dürfen und sich zukünftige negative Entwicklungen bei der Vergütung „widerspiegeln“ müssen. Obwohl diese Vorschriften noch nicht hinreichend konkret sind, ist die Richtung in Ordnung.

In den USA hat das Repräsentantenhaus zwar seinen Willen bekundet, die Bonus-Systeme von den Aktionären bestimmen und von den staatlichen Regulierern genehmigen zu lassen, aber der Senat wird diese Vorlage ablehnen. Die britische Finanzaufsicht schreckt ebenfalls vor einer Regulierung der Boni zurück, um ihre Banken nicht zu benachteiligen. Damit sind die guten Vorschläge des G20-Gipfels vom April in London zur Eindämmung der Manager-Boni nicht umgesetzt worden und drohen nun, zu versanden.

Dieser falschen Entwicklung ist entschieden entgegenzutreten. Die G20-Länder müssen auf der Grundlage der Londoner Erklärung schnellstens international verbindliche Grundsätze für die Begrenzung von Bonuszahlungen beschließen, die mindestens folgende drei Punkte enthalten: Verantwortung von Aufsichtsrat und Hauptversammlung für das gesamte Vergütungssystem incl. Boni, Verbot von Prämien, wenn das Unternehmen Verlust macht und Koppelung der Prämienzahlungen an die langfristige, mindestens dreijährige Unternehmensentwicklung. Damit könnten die Anreize zu kurzfristigen aber hoch riskanten Geschäften beseitigt und einer Neuauflage der Finanzkrise ein Riegel vorgeschoben werden.







Prof. Dr. Karl-Werner Hansmann

Wie kann die Marktwirtschaft noch gerettet werden?

27.09.2008

Beobachtet man als überzeugter Marktwirtschaftler die ökonomischen Ereignisse der letzten Zeit, dann muss man sich ernsthafte Sorgen um den Bestand unserer Wirtschaftsordnung machen. Die aus der ur-sprünglichen Immobilienkrise hervorgegangene internationale Fi­nanzkrise erschüttert das System der Marktwirtschaft in der größten Volkswirtschaft der Erde, den Vereinigten Staaten, in einem nie da gewesenen Ausmaß bis auf die Grundfesten.

Die im Gefolge der Bankenzusammenbrüche überstürzten Versuche der übrig gebliebenen Investmentbanken Goldman Sachs und Morgan Stanley, wieder „normale“ Geschäftsbanken zu werden, wie wir sie in Europa kennen, zeigt das Desaster, das durch einen unzureichenden Regeln unterworfenen Kapitalismus angerichtet wurde.

Die verzweifelten Bemühungen der Bush-Regierung, mit einem Hilfspaket von 700 Mrd. – wohlgemerkt geliehenen – Dollars das Schlimmste abzuwenden und damit dem Finanzsystem eine kurze Atempause zu verschaffen, drohten im US-Wahlkampf zu scheitern, wobei die Republikaner mit McCain an der Spitze eine unrühmliche Rolle als Bremser spielten. Dabei ist es ihre wirtschaftspolitische Ideologie, die das Desaster maßgeblich gefördert hat.

Das vom Kongress inzwischen verabschiedete Hilfspaket weist neben der Abkehr von ehernen marktwirtschaftlichen Prinzipien zwei entscheidende Schwächen auf:

Ich sehe aber nun eine große Chance, auf internationaler Ebene den globalisierten Finanzmärkten einen strengen  Ordnungsrahmen zu verpassen und damit die globalisierte Marktwirtschaft vor den zerstörerischen Kräften zu bewahren. Das Finanzdesaster in den USA und der wirtschaftliche Niedergang Großbritanniens, der zweiten Ikone des schrankenlosen Kapitalismus, könnten beide Länder veranlassen, eine neue internationale Finanzordnung mit zu tragen.

Diese Finanzordnung sollte durch internationale Vereinbarungen zunächst im Rahmen der G8-Staaten, aber auch darüber hinaus, errichtet werden und insbesondere folgende Elemente enthalten:

Das jetzt im Schnellschuss ausgesprochene Verbot von Leerverkäufen muss noch eingehend analysiert werden, da noch nicht klar ist, ob der Vorteil, nämlich Dämpfung von Kursschwankungen, den Nachteil der verminderten Liquidität des Marktes überwiegt.







Prof. Dr. Karl-Werner Hansmann

Die Marktwirtschaft wird von innen bedroht

17.02.2008

Beobachtet man als überzeugter Marktwirtschaftler die ökonomischen Ereignisse der letzten Zeit, dann muss man sich ernsthafte Sorgen um den Bestand unserer Wirtschaftsordnung machen. Die Akzeptanz der Marktwirtschaft  in unserer Bevölkerung befindet sich auf einem dramatischen Rückzug und erreicht immer neue Tiefststände. Gleichzeitig erobert die Links-Partei in Niedersachsen und Hessen zwei weitere Parlamente und wird den Prognosen zufolge auch in die Hamburger Bürgerschaft einziehen.

Der Angriff auf die Marktwirtschaft erfolgt jedoch nicht durch äußere Feinde, sondern er kommt von innen durch die marktwirtschaftlichen Leistungsträger selbst, und zwar  auf verschiedenen Ebenen:

Der „Liechtensteiner“ Steuerskandal erschüttert die Marktwirtschaft in ihren Grundfesten, da offensichtlich die Grundregeln, auf denen sie beruht, von Teilen der Leistungsträger nicht eingehalten werden. Dass damit das Vertrauen in unsere Wirtschaftsordnung in weiten Kreisen der Bevölkerung empfindlich gestört wird, liegt auf der Hand. Zur Wiederherstellung des Vertrauens brauchen wir jedoch keine schärferen Steuerstrafgesetze sondern  eine konsequente Anwendung der bestehenden.  Das würde als Abschreckung reichen.

Fatal ist, dass nun die Diskussion über die Höhe der Manager-Gehälter wieder auflebt. Mein Vorschlag hierzu: Da Aufsichtsräte und Vorstände deutscher Aktiengesellschaften häufig gegenseitig vernetzt sind, sollte nicht mehr der Aufsichtsrat die Gehälter des Vorstands bestimmen sondern die Hauptversammlung. Das hätte sicher eine dämpfende Wirkung und würde eine von mir nicht gewünschte gesetzliche Regelung entbehrlich machen. Ferner sollten keine Aktienoptionen mehr gewährt werden, da der Börsenkurs nach unseren Untersuchungen kein geeigneter Maßstab für die Leistung des Managements ist.

Der zweite Angriff auf die Marktwirtschaft erfolgt durch die internationale Finanzkrise. Die bisher bekannten Verluste im Bankensystem wegen Abschreibungen wertloser Finanzprodukte liegen zwar im atemberaubenden zweistelligen Milliardenbereich, sind aber aller Voraussicht nach noch nicht das Ende der Fahnenstange. Diese in Mode gekommenen Finanzprodukte sind so komplex und intransparent, dass selbst Experten sie häufig nicht verstehen und die Risiken nicht einschätzen können. Es ist ja nicht verwerflich, dass man etwas nicht versteht, aber dann sollte man auch die Finger davon lassen. Das gilt besonders aber nicht nur für die unter staatlicher Kontrolle stehenden Landesbanken. Ein aggressives Renditestreben ohne Risikobeachtung ist fatal und gefährdet auch die Marktwirtschaft als Ganzes.

Der dritte Angriff ist die Vernichtung von Tausenden von Arbeitsplätzen durch Aufgabe eines profitablen Standorts, nur weil man woanders noch mehr Gewinn erzielt. Bei einem weltweiten Gewinn von Milliarden Euro ist diese Strategie des Unternehmens Nokia nicht nur menschlich empörend sondern auch betriebswirtschaftlich unvernünftig, da die negative Auswirkung des Beschlusses auf die Kundenloyalität völlig unterschätzt wurde. Eine kurzsichtige Maximierung der Rendite führt auf lange Sicht nicht zum Erfolg.

Ich hoffe, dass diese gefährlichen Angriffe auf unsere Wirtschaftsordnung von der Gesellschaft durch Augenmaß und konsequentes Handeln abgewehrt werden können. Denn die soziale Marktwirtschaft ist so stark, dass sie nicht von außen sondern nur durch sich selbst zerstört werden kann.







Prof. Dr. K.-W. Hansmann

Manager - Gehälter

13.10.2007

Die Debatte um die Angemessenheit der Managergehälter wird zu­nehmend schrill und polarisierend. Unversöhnlich stehen sich For­derungen nach einer gesetzlichen Begrenzung der Managergehälter und das Argument, dieses sei alles nur eine Neid-Debatte gegen­über. Dabei ist das zugrunde liegende Faktum, dass die Jahresge­hälter der Vorstandsmitglieder deutscher Aktiengesellschaften  beträchtlich schneller gestiegen sind als die durchschnittlichen Löhne und Gehälter und sich bei den Chefs der DAX-Unterneh­men inzwischen jenseits der Millionen-Euro-Grenze bewegen, völlig unstrittig. Da in der aktuellen Diskussion die ökonomische und die gesellschafts­politische Dimension des Problems leider vermischt wird, ist es zur Versachli­chung zweckmäßig, beide Dimensionen auseinander zu halten.

In einer Marktwirtschaft werden die Gehälter des Top-Manage­ments zwischen dem Aufsichtsrat als Vertreter von Eigentümern und Belegschaft und dem betreffenden Manager frei ausgehandelt und spiegeln damit Angebot und Nachfrage nach solchen Positio­nen wider. Dabei sollten im Gehalt nach betriebswirtschaftlicher Auffassung eine Risikoprämie und eine an den Erfolg der Tätigkeit gekoppelte Leistungsprämie enthalten sein, um den Manager zur konsequenten Erfüllung der Unternehmensziele zu motivieren. Eine gesetz­liche Begrenzung des Gehaltes wirkt hier kontraproduktiv, da  die Risiko- und Leistungsprämien nicht beachtet werden und dar­über hinaus kein ökonomisch sinnvoller Wert für die Höchstgrenze ermittelt werden kann.

Ein gravierendes Problem liegt aber in folgendem: die Leistungsprämie wird gewöhnlich durch das Recht zum güns­tigen Bezug eigener Aktien des Unternehmens (sog. Aktienoptio­nen) gewährt,  die bei einem Anstieg des Börsenkurses nach be­stimmter Sperrfrist mit Gewinn verkauft werden können.  Solche Aktienoptionen machen inzwischen einen großen Teil des Top-Ma­nager-Gehaltes aus. Obwohl die Idee der Leistungsprämie grund­sätzlich ökonomisch richtig ist, ist der Börsenkurs ungeeignet als Maßstab für die Leistung der Manager, weil er von vielen Fakto­ren, die mit dem Management nichts zu tun haben, wie Konjunk­tur, Geschäftsklima in der Wirtschaft, Ölpreis, aber auch von der Spekulation abhängt. Die Leistungsprämie für Manager sollte daher umgestellt und stär­ker am Gewinn des Unternehmens orientiert werden.

Ökonomische Argumente sind aber nicht allein maßgebend zur Lösung des Problems der Manager-Gehälter. Die Wirtschaft ist zwar ein wichtiger, aber eben nur ein Teilbereich unserer Gesell­schaftsordnung, so dass auch die gesellschaftspolitische Dimension be­rücksichtigt werden muss. Unsere marktwirtschaftliche Ordnung ist nicht im Grundgesetz festgeschrieben sondern beruht auf einem Konsens der weit überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung, die auch die ungleiche Verteilung der Einkommen bis zu einem gewissen Grade akzeptiert.

Im Laufe des Evolutionsprozesses haben die Menschen neben ökonomischen Prinzipien auch Begriffe wie Fairness und Gerechtigkeit entwickelt. Ist nun ein großer Teil der Bevölkerung der Meinung, dass ökonomische Entscheidungen wie z.B. die Manager-Gehälter nicht fair seien, so kann der wichtige Konsens über die marktwirtschaftliche Ordnung in Gefahr geraten und damit die Akzeptanz der Marktwirtschaft abnehmen.

Daher gilt es jetzt, bei den hohen Einkommen nicht auf die ökonomische Rechtfertigung zu pochen, sondern durch maßvolles Verhalten den Konsens über die soziale Marktwirtschaft, die wir alle erhalten wollen, zu stärken und nicht weiter zu gefährden.